Von früher bis heute
4000 v.u.Z.
Die ersten Spuren des Ringens finden wir bei den nomadischen Steppenvölkern Asiens. Sie wetteiferten im Bogenschießen, im Reiten und Ringen.
3400 v.u.Z.
Das erste systematische Ringertraining praktizierten ägyptische Soldaten, die Kämpfe vor Zuschauern bestritten.
3400 v. Chr.In Ägypten wurden die Wände der Pyramiden und Gräbmäler mit den liebsten Tätigkeiten der Besitzer verziert. Noch zu Lebzeiten errichteten die Pharaonen und reichen Ägypter ihre Grabstätten. Mit auffallender Häufigkeit waren auf diesen Todesstätten Zeichnungen und Gravuren des Ringkampfes vertreten. Eine systematische Ringerausbildung der Soldaten im ersten Königreich am Nildelta erfolgte schon vor über 5400 Jahren.
3000 v.u.Z.In China entstanden erste Ringerschulen mit festgelegten Griffen.
2900 v.u.Z.Der sumerische Nationalheld Gilgamesch ringt mit Enkidu. Das Epos berichtet: »Sie ruinierten den Türpfosten, die Mauer wankte, aber Gilgamesch und Enkidu hielten einander noch immer am Gürtel. Wie erfahrene Ringer rangen sie.«, 400 Jahre später wird in Mesopotanien eine Kupferplastik gefertigt, die an das heroische Duell erinnert.
Außerdem bezwang der Sagenheld Gilgamesch einen Stier und einen Löwen im Ringkampf mit bloßen Händen.
Chinas “Gelber Kaiser” Huang Ti begründete das “Reich der Mitte”. Unter anderem führte er bei seinen Soldaten 2660 v. Chr.das Ringen und Schwertfechten ein.
Aus Mesopotamien (Dijala) stammt eine kleine Kupferplastik, die neben den Wandmalerein des Grabes von Beni Hasan zu den ältesten erhaltenen Ringerdarstellungen zählt. Zwei Ringer halten sich im Standkampf an einem sumoähnlichen Bauchgürtel fest und versuchen sich mittels Zieh- und Schiebekampf aus dem Gleichgewicht zu bringen. Die Figur stammt aus dem Jahr.
2500 v. Chr. und soll die Ringer Gilgamesch und Enkidu zeigen. Beide balancieren dabei ein Gefäß auf dem Kopf, was einen Kampf unmöglich erscheinen lässt. Das Epos über die beiden Sagengestalten lautet: “Sie ruinierten den Türpfosten, die Mauer wankte, aber Gilgamesch und Enkidu hielten einander noch immer am Gürtel. Wie erfahrene Ringer rangen sie.”
Aus dem Jahr 2080 v. Chr. stammen Abbildungen von Ringern im Grab des Fürsten Neherji in El-Bersche Ägypten .
Um 2000 v. Chr. drangen Arier in das Industal und den Pandschah (jetzt Pakistan bzw. Indien) vor. Die Indogermanen brachten Kriegswagen, Schwerter und den Ringkampf nach Vorderindien.
1950 v. Chr. folgte das Eindringen indogermanischer Stämme nach Griechenland. Sie tragen Totenfeiern aus, bei denen Zweikämpfe veranstaltet werden.
1600 v. Chr. Minoische Kultur auf der Insel Kreta. Faustkämpfe und Ringen fanden in der Arena des Palasthofes statt. Ein Specksteintrichter von Hagia Triada vermittelt ein anschauliches Bild hiervon. Gleiches gilt für Knossos, Phaistos, Mallia und andere große Orte. Die kretische Inschrift selbst konnte nie entschlüsselt werden, so dass über die Wettkampfregeln nichts bekannt ist.
1580 v. Chr. Laut Inschrift auf einem in Olympia gefunden Diskus fanden in diesem Jahr erstmalig sportliche Kampffestspiele statt.
1500 v. Chr. Neues Reich in Ägypten. In Gräbern nahe der neuen Hauptstadt Theben befinden sich Abbildungen von Ringern und Schwertkämpfern.
1100 v. Chr. Im Tempel von Medinet Habu und im Grab von Ramses IV. Abbildungen von Ringkämpfern.
1100 v. Chr. Su-bago kommt von Korea nach Japan. Es ist die Ringkunst des Nachgebens. Die Angriffswucht des Gegners wird zum Konter ausgenutzt. Um 700 v. Chr. nennen die Japaner diesen Zweikampf Jiu-Jitsu. Die sanfte Kunst gerät zunächst für lange in Vergessenheit und erhält viel später den Namen Judo.
Teil 3: 800 v.Chr. bis zum Jahre 0 unserer Zeitrechnung
776 v. Chr. Spiele in Olympia zu Ehren des Zeus. Zunächst nur Laufwettbewerbe.
708 v.u.Z.Ringen wird in das olympische Programm aufgenommen. Die Spiele zu Ehren des Zeus dauerten fünf Tage. Am zweiten Tag wurde der Pentathlon (Fünfkampf) und am vierten Tag der Ringkampf in Olympia ausgetragen. Die fünfte und abschließende Disziplin im Pentathlon war das Ringen. Die Teilnehmer mussten das 18. Lebensjahr vollendet haben.
Der erste Sieger heißt Euribote. Es gibt feste Regeln: Verboten sind Kratzen, Beißen, Schlagen mit der Faust, Bestechung und Zauberei. Es gibt keine Gewichtsklassen und kein Zeitlimit beim orthe?pale? (Aufrechtes Ringen). Besiegt ist derjenige, der zum dritten Mal zu Boden gegangen ist, oder kampfunfähig ist durch Knochenbruch oder Tod.
Einer der berühmtesten Ringer der Griechen wurde Aptotos genannt, das heißt “Einer, der nie gefallen ist”. Da man den Gegner bewusst zum Kniefall zwang, gibt es noch immer das weitläufige Sprichwort für den Unterlegenen: “Er wurde in die Knie gezwungen”.
Für einen Olympiasieg werden bis zu 500 Drachmen ausgesetzt, dazu gibt es viele Vergünstigungen. Der Held muß zeitlebens keine Steuern mehr zahlen. Pech für ihn nur, wenn ein Krieg ausbricht. Dann zieht der Olympiasieger in vorderster Reihe in die Schlacht.
Um sich vor der glühenden Sonne zu schützen, wurde der nackte Körper mit Öl eingerieben. Damit man den eingeölten Kontrahenten besser in den Griff bekam, mussten sich beide Ringer selbst mit Sand bewerfen. Die gutgebauten und von der Sonne stets braungebrannten Athleten der Antike regten viele Künstler zu Skulpturen an.
Ein Olympiasieger hatte für Lebzeiten ausgesorgt. Er brauchte nie mehr Steuern zu zahlen und wurde in vielen Städten kostenlos verpflegt. Neben Sach- und Geldgeschenken (5 Talente oder 22.500 DM) erhielt er noch auf Dauer einen Ehrenzuschauerplatz im Theater.
Der Ringkampf war die volkstümlichste Sportart und gehörte zur Erziehung der männlichen Jugend zwischen dem siebten und 14. Lebensjahr. Die Ausbildung in den privaten Bildungsstätten war jedoch nur der privilegierten, sozial höher gestellten Bevölkerungsschicht mit dem Ziel vollkommener Körperbildung vorbehalten. Der zentrale Ort des Ringkampfgeschehens war ein quadratischer, offener Hof, Palästra genannt, dessen Boden mit Sand bedeckt war. Die Palästra wurde umgeben von Bädern, Schwitzbädern und Räumen für die Aufwärmarbeit sowie für das Einölen.
Schutzpatron und Gott der Ringer war Herakles. Halbgott Theseus soll nach der griechischen Mythologie die Ringkunst erfunden haben. Zum pädagogischen Zweck kam bei der Ringkampferziehung natürlich als wichtiger Nebenaspekt auch die körperliche Fitness der Soldaten, sowie deren Fähigkeit, auch nach dem Verlust der Waffen weiterkämpfen zu können, hinzu. Wie schon bei den Ägyptern gehörte zur militärischen Grundausbildung der griechischen Soldaten auch der Ringkampf.
Nachdem bei den griechischen Vasenmalereien immer nur der Standkampf mit Fassen am Oberkörper gezeigt wurde, vermutete man lange, dass der klassische Ringkampf ohne jegliche Beinarbeit stattfand. Dies war jedoch ein großer Irrtum. Der griechische Dichter Homer beschrieb schon ca. 700 v. Chr. im Heldenepos Ilias, dass der listenreiche Odysseus im freundschaftlichen Zweikampf gegen Ajax bei seinem ersten umstrittenen Niederwurf dem Kontrahenten ein Bein stellte und somit beim Wettkampf in Führung gehen konnte. Der klassische Ringkampf war deshalb der Freistilringkampf im Stand und nicht der wesentlich später von Westeuropäern erfundene griechisch-römische Ringkampf.
Erst 658 v. Chr. wird eine Sumo-Gilde in Japan nachweislich gegründet. Sumo fand nur am kaiserlichen Hof und in Tempeln statt. Im dojo (Kampffläche) ist ein Kreis von 3,60 m Durchmesser enthalten. Wer den Ring um Zehenbreite verlässt, hat verloren. Um dieses Ziel zu erreichen, gibt es ein Griffrepertoire von 64 Techniken.
648 v. Chr. Allkampf (Pankration), eine Verbindung von Ring- und Faustkampf wird eingeführt.
632 v. Chr. Die Knabenklasse (bis 16 Jahre) wurde bei den Olympischen Spielen im Ringkampf zugelassen. Eine weitere nichtolympische Klasse war die Altersklasse von 16 bis 20 Jahren.
560 v. Chr. Pythagoras gehörte zu den erfolgreichsten Ringern Griechenlands
540 v. Chr. Milon von Kroton hielt sich zur Blütezeit der Olympischen Spiele im Ringkampf 30 Jahre an der Spitze. 540 v. Chr. siegte er erstmalig im Ringkampf der Knaben. Als Mann soll er einen vierjährigen Ochsen rund um die Laufbahn des Stadions getragen haben und ihn anschließend vor dem Publikum mit einem Faustschlag getötet haben. Unglaublich gilt die Schilderung, dass er täglich 17 Pfund Fleisch, 17 Pfund Brot und 10 Liter Wein verzehrt haben soll. Dies entspräche 50.000 Kalorien und fällt wohl unter die Abteilung “übertriebene Anekdoten”. Bis 516 wurde er noch fünfmal Olympiasieger. Erst 512 vor unserer Zeitrechnung gab der inzwischen 45jährige nach einem langen Kampf gegen Timasitheos aus Kroton erschöpft auf und der Ölzweig des Siegers ging an den jüngeren Kontrahenten. Milon hatte noch sechsmal bei den Pyhitschen (zu Ehren Apollons in Delphi), zehnmal bei den Isthmischen (zu Ehren Poseidons bei Korinth) und neumal bei den Nemeischen Spielen (zu Ehren Zeus) gesiegt. In Delphi gab es übrigens einen Lorbeerkranz. Seit jener Zeit ist der Lorbeerkranz ein Zeichen des Sieges und des Ruhmes.
512 v.u.Z.Das Ende einer großen Sportlerkarriere. Milon gibt nach langem Kampf gegen Timasitheos aus Kroton auf.
500 v.u.Z. Bei den Etruskern steigt das Interesse am Ringen, Zuschauerliebling bleibt jedoch das mörderische Hantelboxen.
In etruskischen Grabkammern (Westitalien) entstehen farblebendige Wandmalerein mit Ringern und Faustkämpfern.
400 v. Chr. Der junge Philosoph Aristokles, genannt Platon (Plato griechisch: der Breite), war ein kräftiger und siegreicher Zweikämpfer in der Ringerarena. Die von Indogermanen abstammenden Kelten tragen ebenfalls Ringkämpfe aus.
365 v. Chr. Platons Schüler Aristoteles erhält am makedonischen Königshof eine Ringerausbildung und erkämpft viele Lorbeerkränze. Der Philosoph wurde Erzieher von Alexander
dem Großen.
300 v. Chr. Die Römer unterwerfen die Etrusker und übernehmen von ihnen die Gladiatorenkämpfe.
264 v. Chr. Bei Totenfeiern führen die Römer Zweikämpfe auf Leben und Tod ein. Dies ist vorübergehend der Untergang des Ringkampfes als fairer Sport. Ringen wird zum Schaukampf auf Leben und Tod (panem et circenses), um die Sensationslust zu befriedigen.
200 v. Chr. Germanen tragen Ringkämpfe aus. Bei unseren Vorfahren, den Germanen, wurden oft Kriege und Fehden zwischen den einzelnen Stämmen durch einen Ringkampf entschieden, zu dem die Heerführer sich gegenseitig herausforderten. ( u.a. geschildert im Hildebrandlied, der ältesten deutschen Dichtung ca. 840 n. Chr. )
192 v.u.Z.Daß es nicht unbedingt von Nutzen ist, sich als Staatsmann einen Ringer zum Leibwächter zu nehmen, muß der römische Kaiser Commodus erfahren, der von seinem Beschützer erwürgt wird.
174 v. Chr. Erstmalig Gladiatorenspiele auch in Griechenland.
108 v.u.Z.Chinesische Ringerfans nehmen die beschwerliche Anreise von über 100 Kilometern auf sich, um Wettkämpfen am Hof des Kaisers Wu Ti beizuwohnen.
23 v. Chr. Ringkämpfe am Hof von Sainin Tenno in Kioto. Der Sieger Sukane Nomiro wurde anschließend höchster Beamter Japans und durch eine Bildsäule geehrt.
20 v.u.Z.Der römische Dichter Properz berichtet von Mädchen-Ringkämpfen in Sparta.
Teil 4: 1 n.Chr – 1799 n.Chr.
180 n. Chr. Nach dem Tod des römischen Kaisers Mark Aurel folgt ihm sein Sohn Commodus auf den Thron. Dieser tritt als Gladiator im Circus Maximus auf und kämpft dort auf Leben und Tod. Er wird begleitet vom Ringer Narcissus, damit er jederzeit einen Trainingspartner hat. Dieser erwürgt den Kaiser im Auftrag einer Verschwörergruppe 192.
300 In Mexiko bei den Olmeken wird ein Ringer in Form einer 66 cm hohen Basaltskulptur verewigt.
Im Jahre 390In Rom verbietet Kaiser Theodosius das Ringen.
404 Der weströmische Kaiser Flavius verbietet Gladiatorenkämpfe und schließt die Gladiatorenschulen.
469 Sumo-Ringer am Hof des Yuryako Tenno in Japan.
620 Kaiser der Tángdynastie nehmen an Wettkämpfen der Berufsringer in China teil.
650 Am kaiserlichen Hof von Kioto fand jeweils jährlich im Juli ein festliches Sumo-Turnier mit je 20 Ringern aus Ost- und Westjapan statt.
690 Einstellung der römischen Zirkusspiele.
691 Die chinesische Kaiserin Wu Tsetien prüft Beamtenanwärter auf ihre Eignung im Reiten, Fechten, Ringen, Gewichtheben und Polo.
730 In England entsteht das Epos vom Gautenkönig “Beowulf”. Der Held schwimmt in voller Rüstung und reißt beim Ringen seinem Gegner einen Arm aus.
796 Kammu Tenno lässt ein “Verzeichnis der besten japanischen Ringer” anlegen.
800 In Island entstehen die Lieder der “Edda”. Sportliche Übungen und Waffentüchtigkeit werden gerühmt. Besonders Schwimmen, Speerwerfen, Laufen, Ringen (Glima) und Reiten.
833 Sunna Tenno versammelt die besten Sumo-Ringer an seinem Hof in Japan
1119 Ritter reiten und stechen nicht nur. Bei einem Ritterturnier in Göttingen finden auch Wettkämpfe im Laufen, Steinstoßen und Ringen statt.
1150 In bürgerlichen Kreisen Deutschlands gehören Ringen, Vogelschießen und Ballspielen zur Erziehung. Die ritterliche Erziehung schreibt außer Reiten und Fechten auch
Bogenschießen und Schwimmer vor.
1171 Der jüdische Philosoph und Rabi Maimonides empfiehlt den Juden Ballspiele, Ringen, Fechten und Leibesübungen zur Körperertüchtigung.
1200 Berufsringer aus Persien und Indien leben an mohammedanischen Fürstenhöfen in Indien.
1200 Im Großreich der Inkas ist auch Ringen verbreitet. Indianerstämme Südamerikas wickelten zeitweise ihre Brautwerbung und auch Stammesfehden in Form von Mannschaftsringkämpfen ab.
Im Jahre 1215: Beim Volksfest der Mongolen bietet Dschingis Khan auch Ringkämpfe.
Aus Anlass eines Versöhnungsfestes der Schweizer Kantone bei der Burg Unspunnen entsteht wahrscheinlich das Schwingen. Dies ist eine Abwandlung des Ringkampfes in bäuerlicher Kleidung. Der Kontrahent wird im Zwiegriff an der Hose gefasst.
Im Jahre 1221: Skandal im ehrwürdigen Westminster: Einwohner haben direkt vor der Kirche St. Mathilda einen Ringkampf veranstaltet.
1298 Der tschechische Ritter Johann von Michalovic besiegt am Hofe König Phillips IV. des Schönen von Frankreich dessen Ringer.
1320 Die Chorschranke des Kölner Domes erhält Abbildungen von Ringern.
1382 Nach der Eroberung Sojas durch die Türken übernehmen die Bulgaren von ihnen Ringen und Pferderennen.
1389 Die älteste deutsche Handschrift über Fechten und Ringen erscheint von Meister Hans Lichtenauer.
1400 “Ein tauffter Jud” namens Ott ist Ringer bei den Landesherren von Österreich und verfasst ein Ringerlehrbuch.
1450 Türkische Sultane halten sich Berufsringer . Man kennt 365 Griffe nach einem strengen Ritual.
1451 Kurfürst Friedrich I., der Siegreiche, von der Pfalz wird als guter Ringer und Läufer gerühmt.
Laut dem Gedicht “Ritterspiegel” aus dem 15. Jahrhundert gehört der Ringkampf zu den sieben Behendigkeiten, die ein Ritter beherrschen muss. Im “Codex Wallenstein” (15.Jahrhundert) wird der damals geübte Ringkampf zeichnerisch so dargestellt, dass er vom heutigen Freistilkampf kaum zu unterscheiden ist.
1459 “Königsecks Kampfbuch.
1467 “Thalhofers Kodex” mit 270 Abbildungen
1500 “Wallerstein´sche Handschrift”, ein Holzschnittwerk mit 108 Blättern. Diese drei Werke beziehen sich jedoch auf das Fechten.
1507 Nach der Erfindung des Buchdruckes druckt der Landshuter Hans Wurm für einen unbekannten Verfasser ein Ringerbuch über das “Ringen im Grüblein”. Mit Grüblein wurde eine kleine Kuhle oder Arena bezeichnet. Auf einer Abbildung ist deutlich ein Hüftschwung mit Beinsteller zu erkennen.
1512 erteilt Kaiser Maximilian I. dem Nürnberger Albrecht Dürer den Auftrag für ein Fechtbuch. Dürer fasst Ringen und Fechten zusammen und gibt zu den 120 Abbildungen Erläuterungen hinzu.
z.B. “Item so dich einer mit peden henden hinterwerlich umfast, dich truckt, auffhebent und will dich werfen, so er dich hebt, als pald greiff peden henden auff hinder sich und fas ihn starck pey seinem har und wurff ihn über dein haubt für dich.” Der Nürnberger schildert eine nicht ganz korrekte Abwehr eines Angriffes von hinten und packt den Gegner beim Schopf um ihn nach vorne zu werfen. Nach den jetzigen Regeln würde diese Aktion wegen Unsportlichkeit abgepfiffen werden, da das Fassen des Kopfes ohne Armeinschluss verboten ist.
ca. 1520 Die beiden Reformatoren Zwingli und Luther stellen fest: “Der Ringkampf ist ein Mittel den “Leyb” geschickt zu machen”!
1520 Franz I. von Frankreich (25 Jahre) und König Heinrich VIII. .(29 Jahre) treffen sich auf dem Goldbrokatfeld bei Calais. Es treten Ringer aus Cornwall auf. Durch den Hitzkopf Heinrich VIII. kommt es zu einem Ringkampf der beiden Könige. Heinrich VIII. hält an seinem Hof einen “Kraftkerl”, mit dem er jederzeit ringen kann. Im englischen Sprachraum entwickelt sich das aus der Antike stammende Freistilringen. Ziel war es, den Gegner aus dem Stand heraus auf den Boden zu bringen und unter Kontrolle zu halten. Von England aus kam es auch in die “Neue Welt” und in Nordamerika verbreitete sich deshalb ebenfalls nur das Freistilringen.
1520 Krishna Deva Raya, Verteidiger des Hinduismus gegen den Islam, gilt als guter Fechter, Ringer und Reiter.
1531 Thomas Elyot zählt in seinem Buch “The Gouvernor” als ritterliche Übungen auf: Reiten, Jagen, Tanzen, Ringen. Laufen, Bogenschießen und Schwimmen.
1535 Bei der Beerdigung des Kardinals Ippolino de’Medici treten afrikanische Ringer auf.
1539 Fabian von Auerswald erläutert anhand von 85 Holzschnittillustrationen von Lukas Cranach d. Ä. (oder einem seiner Schüler) auf 46 Blättern den Ringkampf im Nachschlagwerk “Die Ringkunst des Fabian von Auerswald”.
1569 In Venedig erscheint “De arte gymnastica”. Der Arzt Hieronymus Mercuriale fordert Gymnasien und Palästren als Übungsplätze für Ringer und weist auf die Olympischen Spiele der Antike hin.
1592 Am Schützenfest in Nürnberg nehmen 5000 Handwerker an Wettkämpfen teil. Es handelt sich um Laufen, Springen, Ringen und Steinstoßen.
1604 Captain Robert Dover begründet mit Zustimmung von König Jakob I. die “Cotswold Games” in Barton-on-the-Heath bei Gloucester. Es gibt u.a. Wettkämpfe im Ringen, Stockfechten, Springen und Hammerwerfen. Ab 1634 werden die “Cotswold Games” als Olympische Spiele bezeichnet.
1623 Der italienische Staatsphilosoph Tommaso Campanella empfiehlt in Anlehnung an den griechischen Philosophen Plato für Kinder ab dem 4. Lebensjahr angeleitete Übungen im Gehen, Laufen und Ringen.
1618 – 1648 Im Dreißigjährigen Krieg ruhen in Deutschland sämtliche Aktivitäten und der Ringkampf stirbt für fast 200 Jahre in Deutschland schier aus.
1725 In der Neuen Appenzeller Chronik vergleicht G. Walser das Laufen, Springen, Steinstoßen und Ringen bei den Wald- und Alp-Stubeten mit den Olympischen Spielen der Antike.
1729 Beim regelmäßig stattfindenden Fest der Steppenvölker Innerasiens werden 536 Ringer, 300 Bogenschützen und 3732 Reiter gezählt.
1749 Benjamin Franklin empfiehlt den jungen Burschen Laufen, Springen, Ringen und Schwimmen.
1769 Kapitän James Cook erreicht Neuseeland und schildert von den Wettkämpfen der Maori. Es handelt sich wie überall um Laufen, Ringen, Ballspiele, Schwimmen und zusätzlich um Kanuregatten.
Teil 5: 1800 n.Chr – 1899 n.Chr.
ca. 1800 Der Schöpfer der damaligen Gymnastik, GuthsMuths, gab folgendes Urteil über den Ringkampf: “Die ganze Lehre von der Leibesübung hat nicht eine einzige (Anm.:Disziplin) aufzustellen, welche alle Muskeln und Glieder so allgemein in Anstrengung brächte und keine, welche zugleich unter dem schnellen Wechsel bald diese, bald jene Muskeln und Glieder in Anspruch nehme als das Ringen.”Anton Vieht : “Nichts kann wohl mehr die Kraft aller Muskeln erhöhen als der Kampf des bloßen Menschen gegen den bloßen Menschen; nichts ist eigentlicher Gymnastik als Ringen.
1805 Am Fuß der Burgruine Unspunnen findet das Älplerfest der Schweizer Hirten statt. Aus dem lokalen Wettstreit des Jahres 1215 ist ein überregionales Kräftemessen geworden. Im Mittelpunkt stehen die Ringkämpfe im Schwingen. Die Helvetier nennen ihre Kampfweise auch Hosenlupf, da der Kontrahent an der Hose gehalten und fixiert wird. Die Schweizer Turn- und Schwingerfeste werden für Deutschland zum Vorbild. Die am Anfang in Deutschland untersagte Turnbewegung setzt sich erst 36 Jahre später durch.
1811 Turnvater Friedrich Ludwig Jahn (1778 – 1852) legt auf der Hasenheide im Süden von Berlin den ersten Turnplatz an. Von 1814 – 1818 finden die Jahn´schen Turnfeste statt, die jedoch von der Obrigkeit unter Strafe verboten wurden. Sie hatten das Ringen als festen Bestandteil im Programm bei der Sportart “Turnen”.
1841 Erstes freies Turnfest in Deutschland in Frankfurt am Main. Die Sieger erhalten Lorbeerkränze.
1845 Erste athletische Wettkämpfe in Montreal (Old English Games) u. a. mit Ringen
1864 Rudolf Schärer gibt in der Schweiz die erste schriftliche Schwingerlehre heraus.
1879 Das griechisch-römisch Ringen war bei den Turnern in Deutschland noch unbekannt. Man übte nur den Turner-Ringkampf, identisch auch mit dem als deutsches Flachringen bezeichneten Zweikampf, aus. In einer mit Gerbrinde gefüllten Grube wurde gekämpft. Man kannte noch keine Ringermatte, sondern kämpfte auf Pferdedecken oder mit Häcksel gefüllten Säcken in der Grube. In der Stadt wich man auf einen Tanzsaal oder das Nebenzimmer einer Gastwirtschaft aus. Kampfbeginn war immer im Stand, eine angeordnete Bodenlage oder einen Bodenkampf gab es nicht. Wer “flach lag” hatte verloren, wovon offensichtlich auch die ungewöhnliche Bezeichnung stammte. Wer das Knie beugte und mit ihm den Boden berührte, wer auf den Bauch oder die Schultern fiel, hatte verloren. Im Liegen wurde also in dieser Zeit bei den Ringern nicht mehr weitergekämpft! Die Turner hatten somit die Kampfweise aus der Antike übernommen.
1884 Als der 103 kg schwere Mecklenburger Carl Abs am 18. Mai 1884 in New York nach zwei Stunden Kampfzeit mit einem Schultersieg über William Muldoon die erste offizielle Professional-Weltmeisterschaft im Freistil holte, bekam der Ringkampf in Deutschland immer mehr Anhänger. Der 1,84 m große Modellathlet arbeitete als Zimmermann in Hamburg und war für alle Hanseaten eine Sensation. Abs soll Mitglied im ersten Ringerverein Deutschlands gewesen sein, dem Wandsbeker Athleten-Club von 1879. Ob der MTV München oder der Wandsbeker Verein den Titel des ältesten Vereins führen darf, ist nur schwer zu klären, da der korrekte Gründungsmonat nicht bekannt ist. Für 100 Goldmark besiegte Abs schon 1882 im Carl-Schulze Theater in Hamburg den “Eisernen Wilhelm”. Anstatt Balken zu schleppen wurde er nun Berufsringer und eilte von Erfolg zu Erfolg. Er besiegte Tom Cannon (England), Doublier (Frankreich) und Matsado Sorakichi (Japan). Als Carl Abs zeitweise keine Herausforderer mehr fand, trat er im Zirkus als Kraftmensch auf.
1888 zog er an einem Gerüst mit dem Oberkörper ein Pferd in die Höhe und schaukelte es hin und her.
1891 In Duisburg wurde der Deutsche Athleten-Verband (DAV) für Ringer und Schwerathleten mit dem 1. Vorsitzenden Rudolf Bredemeyer (Köln) gegründet. Wie schon in der Antike galten auch um die vorletzte Jahrhundertwende die Ringer und Schwerathleten als die schönsten Männer.
1893 Der Kölner Atheletenklub 1882 trägt in Köln ohne jede Gewichtsklasseneinteilung die erste “Meisterschaft von Deutschland im Ringen” nach den Turnerregeln aus. Der Metzger und Gastwirt Hubert Schwerger wurde der erste Deutsche Ringermeister. Obwohl es bei dieser Meisterschaft noch keinen Bodenkampf gab, wird sie unter der Bezeichnung griech.-römischer Stil im Handbuch des DRB geführt.
Im Juni 1894 fand im Münchner Cirkus Bavaria ein Ringkampf zwischen Carl Abs und dem Italiener Antonio Pierri statt. Der Ringkampf bekam dadurch in Bayern und Deutschland eine weitere Anhängerschar und besonders im Münchner Westend kam es zu Neugründungen. Der Cirkus Bavaria befand sich unterhalb des Pollingerkellers, jetzt Hackerbräukeller.
Anmerkung: Der Ursprung des gr.-röm. Ringkampfes ist nicht einwandfrei geklärt. Ein gewisser A. Castelli behauptete, dass der Italiener Basilio Bartoletti der Gründungsvater der neuen Ringkampfart ohne Beineinsatz sein soll. Glaubwürdiger sind allerdings doch die Aussagen, dass diese Ringkampfart aus Frankreich stammt. So sind J. P. Clement und L. Lacaze der Meinung, dass der “französische Ringkampf” seinen Ursprung in Burgund hat. Diese Schlussfolgerung basiert auf Feststellungen von S. S. Sussenrand, dass bereits im 15. Jahrhundert die Adligen einen Ringkampfstil prägten, in dem nur Griffe oberhalb der Gürtellinie erlaubt waren. Die Ursprünge liegen wahrscheinlich in der Bretagne, denn der bretonische Stil, genannt auch “gorai” wird bereits im 18. Jahrhundert in den Büchern von Cambry und Emile Souvestre beschrieben.
Aus dem in Frankreich entstandenen “Wälzringen”, einem Ringkampf mit Bodenkampf und eigenem Reglement, entwickelte sich die Stilart “griechisch-römisch”. Die Angriffe und Abwehrtechniken werden zwischen Scheitel und Gürtellinie begrenzt. Angriff und Verteidigung mit den Beinen sind deshalb nicht erlaubt. Um die neue Stilart vom deutschen Flachringen der Turner zu unterscheiden, wurde der Name “griechisch-römisch” gewählt.
1896 Die Krönung schaffte aber der Kölner Carl Schuhmann (geb. 12.5.1869 in Münster)im Jahr 1896. Bei den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit holte der Turner und Ringer in den Gerätewettbewerben drei Goldmedaillen und stand auch im Ringkampf im April 1896 auf dem höchsten Treppchen. Im Weitsprung schaffte er beachtliche 5,70 Meter und belegte Rang sieben. Der nur 1,57 cm große und 71 kg schwere Kölner erreichte zur allgemeinen Verblüffung das Finale gegen den Griechen Antonios Tsitas. Der Kampf ging bis zum Einbruch der Dunkelheit und musste am nächsten Tag fortgesetzt werden. Carl Schuhmann sorgte mit seinem Olympiasieg für eine Euphorie und die Geburtsstunde weiterer zahlreicher Ringervereine in Deutschland. In Griechenland hatte er den Beinamen “Kleiner Apollo” erhalten und der griechische König bot dem populären Sportler im Scherz einen Ministerposten in seinem Kabinett an. Die ersten Olympischen Spielen der Neuzeit fanden übrigens nur im griechisch-römischen Stil statt. Schuhmann ging 1899 als Turnlehrer der German Gymnastic Society nach England. Er wurde 1903 nochmals Deutscher Turnfestsieger und stand nach seiner Rückkehr bis 1939 der Charlottenburger TG als Turnwart zur Verfügung. Schuhmann verstarb am 24.3.1946 in Berlin.
1898 Der Franzose Paul Pons nennt sich Weltmeister, taucht jedoch in den Siegerlisten der FILA nie auf, da erst ab 1904 offizielle Weltmeisterschaften ausgetragen wurden. Diese Pseudoweltmeisterschaften fanden überwiegend in Europa statt und erst nach Gründung eines Weltverbandes (1913 bzw. 1921) gab es richtige WM-Veranstaltungen.
1898 Der Este Georg Hackenschmidt wird inoffizieller Europameister im griech.-römischen Stil und bleibt 10 Jahre unbesiegt. Er wurde 89 Jahre alt und verstarb als reicher Mann in England. Erwähnt werden muss noch der zweite Este Lurich. Der Gentleman-Sportler beherrschte zwölf Sprachen als er 1920 mit nur 44 Jahren verstarb.
1899 gewinnt der Weltmeister Kara-Ahmet in Paris das Ringerturnier um den Goldenen Gürtel. Der Siegergürtel aus massivem Silber und Gold wiegt vier Kilogramm. Er besteht aus drei großen Münzen, auf denen die Taten des Herakles dargestellt sind.
Teil 6: 1900 – 1945
1900 Anlässlich der Weltausstellung in Paris werden am 20.5.1900 die II. Olympischen Spiele der Neuzeit eröffnet und dauern bis zum 24.10. insgesamt fünf Monate. Die Athleten erfahren oft erst nachträglich, dass sie nicht an einem internationalen Championat oder an einer WM, sondern an den Olympischen Spielen teilgenommen haben. Unter 17 Sportarten in 80 Disziplinen wird kein Ringerwettbewerb ausgetragen. Dies dürfte einmalig in der Olympischen Geschichte sein.
1901 Georg Hackenschmidt aus Reval erhält den Beinamen “Russischer Löwe” und wird gegen den 84 kg schweren Belgier Constant le Boucher mit einem Schultersieg nach sieben Minuten am 19.12.1901 inoffizieller Weltmeister im Auto-Velo des Casino de Paris. Das Turnier dauerte insgesamt 42 Tage. Hackenschmidt erhält 3000 Frs. und zwei Goldmedaillen. Er ist nicht nur Weltmeister aller Klassen, sondern bekommt auch noch den 1. Preis des Schwergewichts.
1902 Georg Hackenschmidt schafft im Rückkampf gegen Constant le Boucher innerhalb von drei Stunden nur ein Remis und darf den Titel behalten. Man beschließt, dass künftig ein Schultersieg erreicht werden muss, um einen Titel zu erringen.
Am 30.3.1902 findet im Münchner Cirkus Bavaria wieder die “Meisterschaft der Welt für 1902 um den Goldenen Gürtel” statt.
1903 Gustav Fristensky aus Böhmen wird inoffizieller Europameister in Rotterdam.
1904 Bei den offiziellen Weltmeisterschaften (nur griech.-röm. Stil) in Wien werden die Teilnehmer gewogen, und es gibt verschiedene Gewichtsklassen.
Anlässlich der Weltausstellung in St. Louis finden dort die III. Olympischen Spiele der Neuzeit vom 1.7. – 23.11. statt. In Amerika gibt es natürlich nur den freien Stil in sieben Gewichtsklassen und es beteiligen sich beim Ringen nur US-Sportler am Wettbewerb.
1905 WM in Berlin
1906 Nach dem Reinfall von St. Louis finden 1906 in Athen olympische Zwischenspiele statt, um der Idee neue Impulse zu geben. Es beteiligen sich nicht viele Europäer, da ihnen der Weg nach St. Louis zu weit und zu kostspielig ist. Die Stilart ist wie 1896 nur griechisch-römisch. Sechs Deutsche starten beim Ringerturnier. Eine Medaille gewinnen sie jedoch nur zusammen mit den Gewichthebern und Leichtathleten im Tauziehen.
1908 IV. Olympischen Spiele in London vom 27.4.-31.10. Dieses Mal werden bei den Ringerwettbewerben beide Stilarten ins olympische Programm aufgenommen. Es startet mit Wilhelm Grundmann nur ein deutscher Ringer in London.
1911 Der DAV nennt sich ab 1911 Deutscher Reichsverband für Athletik (DRfA). Der Nürnberger Georg Helgerth wird Weltmeister in Dresden. Im Jahr 1911 finden insgesamt fünf Weltmeisterschaften statt und jede WM galt 1911 als die einzig wahre Meisterschaft.
Am 5.5.1912 Eröffnung der V. Olympiade in Stockholm. Das IOC vergibt die VI. Spiele nach Berlin. Hierzu wird es aufgrund des 1. Weltkrieges jedoch nicht kommen. Der nur 52 kg schwere Nürnberger Georg Gerstacker (geb. am 3.6.1889) holt als leichtester Teilnehmer im Federgewicht mit Rang zwei die erste Olympische Medaille für Bayern im Jahr 1912. Hierfür musste der für Sandow Nürnberg startende Franke nach sieben Siegen im Halbfinale zwei Stunden und 13 Minuten gegen Lasanen aus Finnland ringen, da die Endkämpfe bis zur Schulterniederlage oder Aufgabe zeitlich unbegrenzt festgelegt waren. Lasanen überließ daraufhin völlig erschöpft seinem Landsmann Koskela kampflos den Sieg und dieser war im Endkampf im Gegensatz zu Gerstacker völlig ausgeruht. Nach 24 Minuten war die Energie des Sandowers erschöpft und Koskela gewann mit einem Nackenhebel.Noch krasser fiel die Entscheidung im Mittelgewicht (75 kg) aus. Der Finne Alfred Asikainen, der Schwede Claes Johannson und Martin Klein aus Russland lauteten die Finalisten. Da Asikainen und Klein hartnäckig volle zehn Stunden auf der Matte standen, ehe der Russe glücklich den Sieg zugesprochen bekam, waren beide natürlich absolut ausgebrannt. Johannson brauchte mit beiden nicht mehr zu ringen, da sie verständlicherweise nicht mehr antreten wollten. Diese unrühmliche Goldmedaille des Schweden und ein neunstündiges Remis im Halbschwergewicht (82,5 kg) mit zwei Silbermedaillengewinnern gaben mit den Ausschlag zur allgemeinen Einführung der Punktwertung nach dem ersten Weltkrieg.
1913 Gründung eines Internationalen Amateurverbandes für Schwerathletik am 9.6. in Berlin.
1920 VII. Olympiade in Antwerpen vom 14.8.-12.9. In Belgien dürfen keine deutschen Sportler antreten. Die Stilart ist nur griechisch-römisch und die fünf Goldmedaillen gehen nach Skandinavien.
1921 Die ersten wirklich offiziellen Weltmeisterschaften der Ringer werden in Helsinki ausgetragen. Die Stilart ist nur der griechisch-römische Stil und die Freistil-Ringer müssen noch 30 Jahre warten. Die fünf Goldmedaillen gehen wieder nach Skandinavien (diesmal Finnland). Deutsche dürfen nicht an den Start gehen.
Gründung der IAWF (ab 1964 FILA), also eines Weltverbandes nur für Ringer.
1922 Die deutschen Sportler rufen wegen ihres olympischen Ausschlusses die “Deutschen Kampfspiele” ins Leben.
1924 VIII. Olympiade in Paris vom 4.5.-27.7. Es werden beide Stilarten in sieben bzw. sechs Gewichtsklassen ausgetragen. Die Schweizer Schwinger holen vier Medaillen bei den Freistilringern. Deutsche Sportler dürfen in Paris nicht teilnehmen und machen im Juli eine “Frankfurter Olympiade” mit internationaler Beteiligung.
1925 Erste offizielle Europameisterschaft am 20.12. in Mailand. Der 1903 in Fürth geborene Fritz Bräun wurde für die Spielvereinigung Fürth Europameister im Mittelgewicht, verließ allerdings früh das Frankenland, um im Rheinland für Bad Kreuznach zu starten.
1928 IX. Olympiade in Amsterdam mit Beteiligung von Deutschland. Im Freistil geht man leer aus, doch im griechisch-römischen Stil gewinnt Deutschland die Medaillenwertung. Eduard Sperling, geboren 1912 in Hamm, gewann in Amsterdam 1928 die Silbermedaille für Heros Dortmund. Zwischen 1925 und 1928 schlüpfte er für Nürnberg 04 ins Ringertrikot. Kurz vor den Spielen war der Leichtgewichtler von Nürnberg nach Dortmund übergesiedelt. Ein Nürnberger gewann 1928 in Amsterdam die erste Olympische Goldmedaille für Bayern. Nach dem Berliner Schuhmann (1896) war dies erst die zweite Goldmedaille für Deutschlands Ringer. Der am 13.3.1903 geborene Kurt Leucht wurde für seinen Heimatverein SC Maxvorstadt 04 Nürnberg Olympiasieger im Bantamgewicht mit einem Schultersieg innerhalb von vier Minuten gegen Jindrich Maudr aus der Tschechoslowakei. Bereits 1921 war das Talent von Leucht aufgefallen, als da der jugendliche Maxvorstädter dem berühmten Gerstacker 20 Minuten auf der Matte Paroli bot. 1931 wurde er in Prag Vize-Europameister.Silber ging in Amsterdam noch an den Halbschwergewichtler Adolf Rieger (Berlin) und Bronze an Georg Gehring (Ludwigshafen) im Schwergewicht.
Im Jahr 1928 hatte allein der DASV 121.000 Mitglieder aus 860 Vereinen in Deutschland. Eine Zahl, die er nie mehr erreichen konnte.
1929 Die erste offizielle Freistil-Europameisterschaft wird ausgetragen.
1931 Jean Foeldeak wird in Budapest für Deutschland Europameister im Weltergewicht bei den Freistil-Ringern. Er hieß früher Janos und stammte eigentlich aus Ungarn.
1932 In Los Angeles folgte bei der X. Olympiade 1932 wiederum von einem Nürnberger die nächste olympische Goldmedaille. Abermals im klassischen Stil und im Bantamgewicht. Jakob Brendel war zwar im pfälzischen Speyer geboren, schnürte jedoch für die Sportvereinigung Sandow Nürnberg die Ringerschuhe. Sein Verein Sandow hatte mit einem Zuschuss von 1.000 Reichsmark die Olympiateilnahme überhaupt erst möglich gemacht. Nach vier Siegen stand er im Endkampf und fertigte hier den Franzosen Francois ab. Aufgrund eines verlorenen Vorrundenkampfes gegen Brendel zückte der Italiener Marcello Nizzola in der Garderobe erbost sein Messer. Ein Polizist entwaffnete den heißblütigen Italiener und Brendel blieb unverletzt. Am 6.2.1932 säumten 50.000 Nürnberger die Straßen der Innenstadt bei seiner triumphalen Rückkehr.Silber gingen an Wolfgang (Bubi) Ehrl, Eduard Sperling und Jean Foeldeak.
1933 Kurt Hornfischer gewinnt für 04 Nürnberg im Schwergewicht seinen ersten EM-Titel in Helsinki im gr.-röm. Stil.
1936 Bei den XI. Olympischen Spielen (1.-16.8.) in Berlin schlug mit dem 1915 in Fürth geborenen Ludwig Schweikert wieder ein Bayer zu. Der Olympiazweite im Mittelgewicht wurde Berufssoldat, startete für Berlin und holte ab 1937 noch acht Deutsche Einzeltitel in beiden Stilarten.
Der 1910 in Gera geborene Kurt Hornfischer wechselte mit 22 Jahren zu 04 Maxvorstadt und holte im Schwergewicht 1936 trotz eines kurz zuvor ausgekugelten Ellenbogengelenks ebenso eine Bronzemedaille nach Nürnberg wie sein Vereinskamerad Jakob Brendel im Bantamgewicht. Der Wahlfranke wurde in der internationalen Presse zwar als weltbester Bantamringer tituliert, hatte den Schweden Svensson auch schon nach Punkten besiegt und musste den Nordländer aufgrund seines Fehlpunktstandes dennoch ins Finale ziehen lassen. In der ersten Runde wurde Brendel durch ein Fehlurteil gegen den Tschechen Hyza aus der Bahn geworfen und um seine zweite Goldmedaille gebracht. Der Zimmermann Hornfischer drückte in der Brückenstellung 135 kg, warf den Diskus 40 Meter und war ein ausgezeichneter Leichtathlet und Schwimmer. Zwischen 1933 und 1937 errang der 1,90 m große Athlet viermal den Titel eines Europameisters im Schwergewicht. Auch aufgrund dieser Verdienste wurde er bereits 1935 Baubeamter bei der Stadt Nürnberg. Mit nur drei Wochen Vorbereitungszeit musste er 1936 nach Berlin. Seine Luxation am linken Arm war noch nicht ganz verheilt, doch die Olympischen Spiele ließen sich nicht verschieben. Die Presse machte den “Prachtkerl Hornfischer” dennoch zum Favoriten, aber das Schicksal gönnte ihm 1936 “nur” die Bronzemedaille. Fritz Schäfer aus Pirmasens errang im Welter ebenso wie Wolfgang (Bubi) Ehrl Rang zwei. Johannes Herbert (Bantam) und Erich Siebert errangen noch Bronze bei den Freistil-Ringern.
1944 Der Ringer Werner Seelenbinder, Olympia-Vierter 1936 in Berlin für Deutschland, wird von den Nazis als kommunistischer Widerstandskämpfer in Brandenburg-Görden hingerichtet.
Teil 7: 1945 – heute
1948 Die XIV. Olympiade in London findet ohne deutsche Beteiligung statt. Die türkischen Ringer gewinnen die Nationenwertung.
1952 XV. Olympiade in Helsinki. Russland stellt die beste Nation. Keine Medaille für die deutschen Ringer.
1956 XVI. Olympiade in Melbourne. Sommerspiele im Winter. Dietrich wird nach einem Protest nur die Silbermedaille im Schwergewicht zugesprochen. Russland stellt erneut die beste Nation und Schweden bleibt erstmalig seit 1908 ohne Sieg.
1960 XVII. Olympiade in Rom. Dietrich gewinnt wieder die Silbermedaille im Schwergewicht im gr.-röm. Stil. Im Freistil wird er Olympiasieger. G. Maritschnigg (Annen) gewinnt im Weltergewicht und Lothar Metz (Rostock) im Mittelgewicht jeweils Silber
1961 Wilfried Dietrich wird Weltmeister in Yokohama im Schwergewicht/Freistil. Seit 1956 ist er in dieser Stilart unbesiegt.
1964 XVIII. Olympiade in Tokio. Klaus Rost (Witten) gewinnt Silber im Leichtgewicht. Bronze gehen an Heinz Kiehl (Ludwigshafen-Oggersheim), Lothar Metz (Rostock) und Wilfried Dietrich.
1966 Fritz Stange aus Stuttgart wird in Toledo Bantamweltmeister im griechisch-römischen Stil
1968 XIX. Olympiade in Mexiko. Rudolf Vesper (Rostock) und Lothar Metz gewinnen die Goldmedaille. Die Mongolei schafft sensationelle Erfolge. Wilfried Dietrich erringt im Freistil Bronze.
1971 Horst Stottmeister aus Stendal gewinnt für den SC Leipzig bei der Freistil-WM Silber und wiederholt dies 1973 und 1975 noch zweimal.
1972 XX. Olympiade in München. Wilfried Dietrich tastete sich in der zweiten Runde langsam an den Koloss Chris Taylor heran. Kurz danach flogen 190 kg von Taylor und 110 kg von Dietrich über die Matte. Der Amerikaner lag nach 3,14 Minuten auf den Schultern. Den berühmtesten Überstürzer (auch Untergriffwurf oder Wurf über die Brust genannt) aller Zeiten schaffte der “Kran aus Schifferstadt” ausgerechnet gegen das “Riesenbaby” Taylor. Die Aktion bescherte zwar am Ende keine Medaille, sorgte aber für neue Popularität im deutschen Ringkampfsport. Es war damit auch für den Laien bewiesen, dass bei den Ringern David gegen Goliath gewinnen kann. Nicht Kraft und Masse, sondern elegante Technik entscheidet über Sieg und Niederlage. Dietrich fühlte sich nach zwei Siegen in der 3. Runde absolut verschaukelt. Gegen den Rumänen Dolipschi flog er mit 3:2-Verwarnungen von der Matte und trat in der 4. Runde gegen den Russen Roschin nicht mehr an. Er reiste, ohne sich beim DRB abzumelden, von München ab und verzog sich in die Pfalz. In den offiziellen Siegerlisten wird Wilfried Dietrich als Viertplatzierter geführt, heute jedoch wäre dies undenkbar, da bei Nichtantritt Ringer seit Jahren aus der Teilnehmerliste ohne jegliche Platzierung gestrichen werden. Dietrich’s Bilanz seit 1956 bei Olympischen Spielen: 1x Gold, 2x Silber, 2 x Bronze. Silber holten 1972 Hans-Jürgen Veil (Federgewicht) und Heinz-Helmut Wehling (Leichtgewicht) im griechisch-römischen Stil, während Adolf Seger (Freiburg) im Weltergewicht Bronze bei den Freistil-Ringern holte.
1975 Adolf Seger wird in Minsk Weltmeister im Mittelgewicht/Freistil.
1976 XXI. Olympiade in Montreal. Heinz-Helmut Wehling und Karl-Heinz Helbing gewinnen jeweils Bronze im gr.-röm. Stil. H.D. Brüchert (Luckenwalde) gewinnt Silber und A. Seger (Bronze) im Freistil.
1980 Martin Knosp wird als 20jähriger Europameister im Weltergewicht/Freistil.
1980 Die XXII. Olympiade in Moskau wird von 30 Nationen, darunter auch Deutschland boykottiert. Dies kostet Knosp eine sichere Medaille. Uwe Neupert aus Greiz gewinnt für Jena im Halbschwer Silber.
1981 Martin Knosp wird als 21jähriger in Skopje Weltmeister im Weltergewicht/Freistil und zum besten Ringer des Turniers gewählt.
1984 XXIII. Olympiade in Los Angeles. Martin Knosp gewinnt in der Sporthalle von Anaheim Silber und verliert gegen David Schultz nur knapp 3:2. M. Scherer gewinnt im Papier ebenfalls Silber. “Pasque” Passarelli holte in seinem legendären Kampf gegen den Japaner Eto in Los Angeles die Goldmedaille im Bantamgewicht. Wohl jedem Ringerfan ist die Fernsehaufzeichnung mit seiner standhaften Brücke in bester Erinnerung.
1987 Nach einem Testversuch 1986 mit Demonstrationskämpfen bei der Männer-WM in Budapest fanden ein Jahr später die ersten Weltmeisterschaften der Damen statt.
1988 Die Damen begannen mit ihren EM-Titelkämpfen.
1988 XXIV. Olympiade in Seoul. 8 x Gold für Russland bei den Ringern. Der Bantamweltmeister im Freistil, Sergej Beloglasow, schon 1980 Olympiasieger dieser Kategorie, wird nach seinem Finalsieg vom unterlegenen Iraner auf den Händen um die Matte getragen. Gerhard Himmel gewinnt im Schwergewicht Silber im gr.-röm. Stil. Bronze geht an Freistilringer Andreas Schröder.
1989 Gerhard Himmel gewinnt in Martigny Gold bei der WM im Schwergewicht und der 24-jährige Claudio Passarelli wird Weltmeister im Leichtgewicht, jeweils im griechisch-römischen Stil.
1992 XXV. Olympiade in Barcelona. “Bulle” Bullmann gewinnt Gold im Halbschwergewicht bis 90 kg. Rifat Yildiz gewinnt im Bantam Silber. Beide Erfolge wurden im griechisch-römischen Stil erreicht. Heiko Balz holt im Freistil ebenfalls Silber.
1996 XXVI. Olympiade in Atlanta. Thomas Zander gewinnt Silber, Maik Bullmann und Alexander Sabejew Bronze .
2000 XXVII. Olympiade in Sydney. Alexander Leipold holt Gold – allerdings nur für 14 Tage. Am Ende geht der DRB doch leer aus und Leipold muss die Medaille wegen Verstoßes gegen die Dopingbestimmungen wieder hergeben.
(Die Ringerchronik wurde von Herrn Roland Dörfler zur Verfügung gestellt. Hierfür vielen herzlichen Dank !!!)
Die Geschichte des weiblichen Ringkampfs
In unserer Zeit wurde im Jahre 1971 intensiv mit Frauenringen begonnen. Es waren hauptsächlich Französinnen und Belgierinnen, die in den ersten Kämpfen antraten. Am Anfang bestritt man Kämpfe sowohl im klassischen wie auch im freien Stil. Bis 1983 gesellten sich zu Frankreich und Belgien auch sämtliche nordischen Länder wie Norwegen, Schweden usw., dann Holland, Italien und Deutschland.
Im August 1982 wurde in Großbritannien anlässlich der FILA-Tagung das Frauenringen offiziell aufgenommen und somit international. Der Deutsche Ringerbund hat im September 1982 in seinen Richtlinien ebenfalls das Frauenringen anerkannt. Auf Anfrage des DRB-Präsidenten Hermann Schwindling hielt der Vorsitzende des AC Ückerath, Hans von Zons, im April 1983 auf der Bundesliga-Tagung in Schifferstadt ein Referat über Damenringen.
In den Jahren 1982/83 wurden mehrere Kämpfe mit Mannschaften aus Frankreich, Belgien und der Nationalmannschaft aus Norwegen durchgeführt. Der Mannschaftskampf gegen Norwegen wurde damals schon in der Sendung “SPORT im WESTEN” auf WDR III übertragen. Ein zweites Turnier fand am 28. November 1984 gegen die norwegische Mannschaft aus Kolbotn statt. Am 3.Dezember 1982 brachte die BILD-Zeitung einen großen Bericht über den ersten deutschen Verein, der die Sportart Ringen für Frauen anbot. Das Magazin STERN berichtete am 17. November 1983 auf zwei Seiten mit Text und Bild.
Da aber der AC Ückerath zu dieser Zeit der einzige Verein in Deutschland war, der das Frauenringen aktiv betrieb, schien diese “neue” Sportart in Deutschland anfangs zunächst zum Scheitern verurteilt. Dass sich das Frauenringens aber unaufhaltsam weiterentwickeln würde, zeigte sich insbesondere in den skandinavischen Ländern, Japan und in unserem Nachbarland Frankreich. Hier war das Frauenringen seit den 70-iger und 80-iger Jahren eine feste Größe.
Vom 24. – 25. Oktober 1987 fanden in Lörenskog (Norwegen) – noch ohne deutsche Beteiligung – zum erstenmal Weltmeisterschaften für Frauen statt. 48 Teilnehmerinnen aus 7 Nationen waren am Start. Dies waren Belgien, Dänemark, Frankreich, Holland, Japan, Norwegen und Schweden. Die FILA führte hier offiziell den Einheitsstil für Frauenringen ein – den freien Stil. Nach den Europa und Weltmeisterschaften 1988 in Dijon (Frankreich) gab es 1989 bei der WM in Martigny (Schweiz) zum erstenmal eine Deutsche Teilnehmerin. Sandra Schrenker aus Bamberg belegte in der Klasse bis 65 kg einen 4.Platz.
Doch erst in den 90-iger Jahren war das Frauenringen in Deutschland und in den Landesorganisationen organisiert. 1993 fanden dann in Würzburg die ersten Deutschen Meisterschaften statt. Mit am Start auch zwei Ringerinnen vom SC Korb: Yvonne Hees (spätere Englich und Nadine Schormüller.